Die Kunst, sich irritieren zu lassen
19.03. bis 20.03.2022
12 Fortbildungspunkte wurden von der Psychotherapeutenkammer Berlin für die gesamte Tagung zertifiziert.
Wir haben herzlich zur zweiten Jahrestagung von JUNKTIM e.V. am 19. und 20. März 2022 eingeladen.
Es gab Vorträge einschlägiger Wissenschaftler:innen und die Möglichkeit zur gemeinsamen Arbeit in Arbeitssitzungen an aufgezeichneten psychotherapeutischen Stunden. Diese Arbeit an und mit Therapieaufzeichnungen bot sowohl für Therapeut:innen, als auch für Forscher:innen Raum für Austausch und Diskussion.
Das Thema der Jahrestagung lautete: „Die Kunst, sich irritieren zu lassen“. Bei der Analyse von aufgezeichneten Therapiegesprächen wird ersichtlich, wieviel da intuitiv erfasst wird. Aber kann man der Intuition vollständig vertrauen? Was, wenn sie sich irrt? Oder getäuscht wird durch Nebenereignisse oder unsere schwankende Tagesform? Dann wäre es hilfreich, dass man sieht, warum man etwas (nicht) sieht und dass die Fähigkeit sich irritieren zu lassen, hoch geschätzt werden könnte. Gut ist, wenn man manches an einer Aufzeichnung prüfen kann.
So können intuitive Einschätzungen und therapeutische Deutungsstrategien sichtbar werden, Irritationen ihren ganz eigenen Wert bekommen und zugleich intuitive Praktiken des Deutens verfeinert und reflexiv nachvollzogen werden. Wenn die Welt alles ist, was der Fall ist (Wittgenstein), dann wird unsere therapeutische Welt wahrer.
Irritation wird zur Ressource, die therapeutische Praxis bereichert, weil man neue kommunikative Kontexte zu sehen bekommt. Sich irritieren zu lassen ist fortgeschrittene Kunst in der therapeutischen Konversation. Irritation vermittelt zwischen den Sicherheiten theoretischer Überzeugungen, der Begegnung mit Menschen, die immer anders sind als die Theorie meint und unserer praktischen Kunst, ein Gespräch zu führen. Die ja immer die Kunst ist, sich vom Gespräch führen zu lassen, wie wir von Gadamer lernen.